Erfolgreiches Kita-Management - Unternehmens-Handbuch für LeiterInnen und Träger von Kitas

Erfolgreiches Kita-Management - Unternehmens-Handbuch für LeiterInnen und Träger von Kitas

von: Wolfgang Klug, Jens Kratzmann

ERNST REINHARDT VERLAG, 2018

ISBN: 9783497604661

Sprache: Deutsch

195 Seiten, Download: 6941 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop
Typ: A (einfacher Zugriff)

 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Erfolgreiches Kita-Management - Unternehmens-Handbuch für LeiterInnen und Träger von Kitas



2 Professionalität und Fachlichkeit in der Kita

2.1 Gesellschaftliche Anerkennung der pädagogischen Berufe

Die Jahre 2005 bis 2015 können zweifellos auch als ein Zeitalter der Akademisierung des Erzieherinnenberufs bezeichnet werden. Wie in anderen Ländern auch wurde die Ausbildung auf akademisches Niveau gehoben, ohne dass die Fachschulausbildung verschwand. Die Gründe für die Akademisierung sind vielfältig:

Forderung nach zunehmender Akademisierung Ein Grund, der mit der Qualität der Fachausbildung der Erzieherinnen gar nichts zu tun hat, liegt im politischen Anspruch der OECD, die Zahl der jungen Menschen mit einem Hochschulabschluss zu erhöhen. Wie der Spiegel meldet, rügt die OECD Deutschland für eine geringe Akademikerrate (Kollenbroich 2015). Die deutsche Politik sieht sich daher gezwungen, möglichst viele Berufe zu akademisieren, um die Akademikerquote zu erhöhen. Pflege- und Erziehungsberufe waren die ersten Berufe, deren Ausbildung z. T. in Hochschulen verlagert wurde, andere Berufe wie z. B. Hebammen oder Physiotherapeutinnen folgten.

defizitäre Ausbildung Von den Fachkräften selbst wurde die klassische Erzieherinnenausbildung häufig als defizitär kritisiert, insbesondere hinsichtlich des diagnostischen Umgangs mit Kindern mit psychischen Auffälligkeiten oder Behinderungen, der Förderung ausländischer Kinder oder der Elternarbeit.

Insbesondere wurde bemängelt, dass zwar methodische Kenntnisse im Rahmen der Ausbildung an Fachschulen vermittelt wurden, dass aber die wissenschaftlichen Hintergründe kaum reflektiert würden. Man wisse zwar, „wie“ etwas funktioniert, aber nicht „warum“.

Die gesellschaftliche Anerkennung für die nichtakademischen Erzieherinnenberufe wurde als ausbaufähig empfunden.

Besonders der Grund mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung erscheint häufig ursächlich dafür, dass sich — entgegen Prognosen von berufener Seite (so schreibt Textor o. J.: „So fürchte ich, dass es auf absehbare Zeit nicht zu einer ,Akademisierung’ des Erzieherberufs kommen wird.“) — die Akademi- sierung unaufhaltsam fortsetzt und damit die Forderung nach einer Aufwertung des Erzieherinnenberufs einhergeht (Verdi 2015).

Bezahlung und Rahmenbedingungen „Wenn wir nach einem Maßstab für gesellschaftliche Anerkennung suchen, finden wir ihn“, so Hilde von Balluseck, in „Arbeitsbedingungen, Autonomie, Arbeitsbelastung und Bezahlung.“ (Balluseck 2008, 22) Sollte dem so sein, müssten eigentlich diejenigen Berufe am besten bewertet werden, die sich mit dem wichtigsten Gut einer Gesellschaft befassen, und da es nichts Wichtigeres gibt als Kinder („Kinder sind unsere Zukunft“), müsste die gesellschaftliche Anerkennung für pädagogische Berufe kaum noch zu übertreffen sein.

Der Blick in die Realität lehrt eines Schlechteren: Was die Bezahlung und die Rahmenbedingungen des Personals betrifft, konnte man unlängst im Focus (Szarek 2012) lesen:

„Die Politik, der heute so sehr am Ausbau der Kinderbetreuung gelegen sei, habe es viele Jahre lang verschlafen, für attraktive Rahmen- und Arbeitsbedingungen im Erzieherberuf zu sorgen’, findet Norbert Hocke, Leiter des Vorstandsbereichs Jugendhilfe und Sozialarbeit in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Vor allem bei der Bezahlung habe sich fast nichts getan - und das, obwohl die Leistungsanforderungen an die Erzieher stetig gestiegen seien. ,Das Lohn und Gehaltsgefüge in diesem Segment ist überhaupt nicht mit dem anderer Berufe zu vergleichen, bei denen die Ausbildung ähnlich lang dauert’.“

Selbst im Vergleich mit anderen pädagogischen Berufen (z. B. Lehrerinnen) schneiden frühpädagogische Fachkräfte bezüglich des Gehalts schlecht ab. Es verwundert daher nicht, dass die überwiegende Zahl der Berufsangehörigen mit dem Prestige des Berufs, mit Aufstiegsmöglichkeiten, aber auch mit der Höhe des Einkommens sehr unzufrieden sind (Balluseck 2008). Eine Erklärung für das Phänomen des merkwürdigen Auseinanderklaffens zwischen dem gesellschaftlichen Bedarf an pädagogischen Fachkräften und deren Wertschätzung findet Stefan Sell (Szarek 2012) in der fehlenden Professionalisierung:

„,Seit den 8oer-Jahren hat der Erzieherberuf in der Gesellschaft eine stetige Abwertung erfahren’, sagt Stefan Sell, Professorfür Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der FH Koblenz. Hätten vor dreißig Jahren noch viele Erzieherinnen und Erzieher Mittelschichtsfamilien entstammt und Abitur mitgebracht, habe sich die professionelle Betreuung von Kindern in den letzten Jahren in Richtung eines Zuverdienst-Berufs entwickelt.“

Privilegien durch Status Ein Blick auf die besser bezahlten Berufe zeigt in der Tat: Gesellschaftliche Privilegien sind häufig mit dem Status einer „Profession“ verbunden. Damit verknüpft eine Gesellschaft Aspekte wie berufliche und fachliche Autonomie, hohes Einkommen, Spezialwissen für ein bestimmtes Wissensgebiet. Insofern ist es kein Zufall, dass für den Bereich der Frühpädagogik Profes- sionalisierungsprozesse gefordert werden (Balluseck 2008). Es mag sich von daher lohnen, Bedingungen aufzuzeigen, die für einen gelingenden Professi- onalisierungsprozess konstitutiv sind.

2.2 Was ist eine „Profession“?

Ganz allgemein verstehen wir unter „Profession“

„eine gehobene Form von Beruflichkeit [...] Diese moderne Beruflichkeit zeichnet sich gegenüber der traditionellen Form des Berufs durch eine eher abstrakte und unspezifische Qualität des beruflichen Wissens aus, durch eine zunehmende Individualisierung sowie durch ein hohes Maß an Selbststeuerung, auch hinsichtlich der Beteiligung der Betroffenen am Prozess der Berufskonstruktion“ (Meyer 2000, 14 f.).

Professionen: Merkmaltheoretischer Ansatz Diese „gehobene Form von Beruflichkeit“ lässt sich gemäß dem „Merkmaltheoretischen Ansatz“ weiter operationalisieren, indem man Merkmale beschreibt, die einer Profession in Abgrenzung zu anderen Berufen zugeschrieben werden:

theoretische, wissenschaftlich fundierte Spezialausbildung zur Erklärung und Behandlung von gesellschaftlich relevanten Problemen,

wissenschaftliches, systematisches Fachwissen angeeignet und vermittelt mittels spezieller Verfahren,

Expertenstatus für bestimmtes Fachgebiet,

ethischer Berufskodex,

Organisation der Professionsangehörigen in einem Berufsverband, der Berufszugang kontrolliert,

Ausübung der Tätigkeit im Dienste des Gemeinwohls,

Autonomie der Profession (Knoll 2010; Bock 1997; Mieg 2005).

Ein Professionsstatus ist dann erreicht, wenn diese Merkmale erfüllt sind. In der an die anglo-amerikanische Berufssoziologie angelehnten Theorietradition wird besonders das letzte Merkmal sehr betont. Es bezeichnet

einerseits die Verfügungsgewalt der Profession über fachliche Leistungen, indem „Professionen [...] Standards der Leistungsbewertung (schaffen) und kontrollieren“ (Mieg 2005) und

andererseits die Befugnis, Berufsausbildung und Berufszugang in eigener Verantwortung zu regeln. Die in Deutschland übliche Organisationsform für den Berufseintritt und die Überwachung der Profession ist die Berufskammer (z. B. Ärztekammer oder Rechtsanwaltskammer). So erteilt z. B. die Ärztekammer denen, die die vorgeschriebene akademische Ausbildung durchlaufen haben, die Approbation, sprich die Erlaubnis zur Ausübung der ärztlichen Heilkunst.

Machttheoretische Professionstheorie Kritik an diesem Ansatz übt die „Machttheoretische Professionstheorie“. Sie stellt die Vorrechte und Privilegien von Professionen ins Zentrum der Überlegungen. Kritisiert wird die herrschaftslegitimierende Funktion der Professionen in der modernen Industriegesellschaft. Eine kleine Gruppe von Berufsangehörigen sichere sich eine Reihe von materiellen oder immateriellen Privilegien (Daheim 1992), indem sie ein Gut, auf das die Gesellschaft angewiesen ist, monopolisiere (Kurtz 2002). Die angebliche Bindung an das „Gemeinwohl“ sei eine Ideologie, um diese Machtpositionen zu legitimieren. In der Professionalisierungsdebatte gehe es also weniger um Kompetenz einer Berufsgruppe als vielmehr um Macht zur Durchsetzung von Verteilungsinteressen. In letzter Konsequenz dienten Professionalisierungsprozesse damit der Verfolgung monopolistischer Ziele (Kurtz 2002).

reflexives Professionalisierungsmodell Eine dritte Theorie lässt sich aus der hermeneutischen Tradition ableiten und ist spezifisch aus dem Bereich der Pädagogik entstanden. Die Kritik des „Reflexiven Professionalisierungsmodells“ am merkmalstheoretischen Modell besteht darin, dass das merkmalstheoretische Modell den eigentlichen „Bezug zu Fragen der Professionalität gänzlich ignoriert“ (Thole / Polutta 2011, 109), indem es der Profession statusfixierte, formale, zertifizierbare, funktionalistische, aber letztlich fachfremde Kriterien zugrunde legt. Vielmehr sind pädagogische Professionen bezogen auf die Bearbeitung lebenspraktischer Krisen (Oevermann 1996). Die Bearbeitung solcher Krisen verlange ein Arbeitsbündnis zwischen dem Pädagogen...

Kategorien

Service

Info/Kontakt