1x1 der Kommunikation für Führungskräfte - Handlungsanleitungen, Praxisbeispiele, Tools
von: Stefan Bartel
Wiley-VCH, 2014
ISBN: 9783527677696
Sprache: Deutsch
280 Seiten, Download: 1613 KB
Format: EPUB, auch als Online-Lesen
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1x1 der Kommunikation für Führungskräfte - Handlungsanleitungen, Praxisbeispiele, Tools
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Einfluss nehmen als Führungskraft und geschickt verhandeln
2.1 Überblick
In diesem Kapitel lernen Sie die Mechanismen der Einflussnahme und die zwei wichtigsten Grundsätze des Überzeugens. Darauf aufbauend dann die sechs Prinzipien, mit denen Sie Ihr Gegenüber für sich selbst und Ihre Ziele einnehmen können. Anhand vieler Praxisbeispiele erfahren Sie, wie Sie die Prinzipien in konkreten Kommunikationssituationen optimal einsetzen und damit Einfluss auf andere ausüben. Außerdem zeige ich Ihnen, wie Sie sich schützen können, wenn andere diese machtvollen Methoden im Gespräch mit Ihnen anzuwenden versuchen. Die sechs Prinzipien lösen einen Automatismus aus, auf den wir alle mehr oder weniger ansprechen. Es gibt gewissermaßen keine Abwehrmöglichkeit, solange wir uns deren Wirkung nicht bewusst sind.
2.2 Die Grundsätze des Überzeugens
Diese beiden Grundsätze werden Ihr Weltbild in seinen Grundfesten erschüttern! Dies aber besser heute als in fünf Jahren. Denn die Grundsätze bilden die Säulen für Wirkung und Überzeugung mit Strategie. Sie sind die Basis für den erfolgreichen Umgang mit den sechs Prinzipien, die Sie auf den nächsten Seiten finden. Die Grundsätze lauten:
Wir können andere nicht überzeugen.
Wir können andere nur einladen, sich selbst zu überzeugen.
Viele von Ihnen haben eine solche Situation als Führungskraft, als Elternteil oder auf andere Art sicher schon erlebt. Sie denken: ‹Ich habe Recht, ich weiß, wie es geht, ich habe die besseren Argumente, der andere muss mich einfach verstehen. Gerade dann drehen sich Gespräche oft im Kreis. Zu jedem noch so guten Argument kommt vom Gegenüber ein aus seiner Sichtweise ebenso gutes Gegenargument. Dann geht es hin und her, wie in einer Waschmaschine, nach links und nach rechts und wieder zurück. Am Ende kommt nichts dabei heraus, außer einer oft vergifteten Atmosphäre.
Manche von Ihnen schütteln jetzt vielleicht den Kopf und möchten widersprechen. Sie erinnern sich daran, wie oft Sie schon andere Menschen überzeugt haben, ihre Meinung zu ändern. Schauen Sie genauer hin! Sie werden feststellen, dass nicht Sie Ihre Gesprächspartner überzeugt haben. Sie haben etwas viel Genialeres getan, oft ohne sich dessen bewusst zu sein: Sie haben den anderen eingeladen, sich selbst zu überzeugen!
Folgendes Beispiel veranschaulicht den Unterschied zwischen »überzeugen« und »einladen, sich selbst zu überzeugen«:
Dieses und ähnliche Beispiele führen bei meinen Seminarteilnehmern häufig zu einem neuen Verständnis der Führungsaufgabe.
Nicht nur als Verkäufer, sondern auch als Führungskraft, sollten Sie Ihre Rolle in Überzeugungssituationen neu definieren.
Wir können andere nur einladen, sich selbst zu überzeugen. Die erste Aufgabe lautet deshalb, optimale Bedingungen für diese Einladung zu schaffen. Unsere Gesprächspartner sollen für sich selbst erkennen, dass unser Standpunkt optimal für sie ist und so in unserem Sinne handeln können. Am erfolgreichsten ist, wer seinen Gesprächspartner nicht gewaltsam überzeugen will, sondern ihm das gute Gefühl vermittelt: Ich habe meine eigene Entscheidung getroffen und diese ist aus klar nachvollziehbaren Gründen richtig.
Manipulation oder Motivation?
Oft fällt in diesem Zusammenhang das äußerst negativ besetzte Wort »Manipulation«. Der Begriff »Motivation« hat dagegen einen ganz anderen, positiven Klang. Aber: Ist nicht alles Motivieren im Gedankenansatz Manipulation?
Schon die klassische, Eisenhower zugeschriebene, Definition für Motivation klingt nach reiner Manipulation: »Motivation ist, wenn ein Mitarbeiter das tut, was der Vorgesetzte will, weil er es selbst auch will.«
Die Grenze zwischen Manipulation und Motivation ist schwer zu ziehen. Der Unterschied liegt nicht in der Handlung selbst begründet, sondern in
ihrer Wirkung auf den Gesprächspartner.
Damit ergibt sich folgende Definition:
Der Akt des Überzeugens wird erst in seiner Wirkung wertvoll oder verwerflich.
Noch einmal zurück zu den Grundsätzen:
Wir können andere nicht überzeugen.
Wir können andere nur einladen, sich selbst zu überzeugen.
Behalten Sie für die kommenden Seiten diese Säulen des Überzeugens stets im Gedächtnis. Wir sollten den Gesprächsfluss so steuern, dass die Gesprächspartner selbst nachdenken, die Gedanken weiter spinnen und so für sich selbst ein Verständnis der Situation entwickeln. So entsteht innere Einsicht. Gleiches gilt, wenn Ihr Gegenüber sich falsch oder fehlerhaft verhalten hat. Es ist äußerst hilfreich, wenn Ihr Gesprächspartner dann ein schlechtes Gewissen entwickelt. Damit sind wir schon mitten im ersten Prinzip: Die Kraft der eigenen Gedanken.
2.3 Das erste Prinzip: Die Kraft der eigenen Gedanken
Der Volksmund sagt: »Die eigenen Babys sind immer die schönsten.« Was wir selbst gemacht haben, woran wir beteiligt waren, was wir mit entwickelt haben, an all das glauben wir, davon sind wir überzeugt. Vielleicht kennen Sie auch die alte Rhetorik-Regel: Wer die Fragen stellt, führt das Gespräch.
Wenn Sie beide Aspekte – das Fragenstellen und die Beteiligung des Gegenübers – geschickt miteinander verbinden, eröffnet Ihnen das als Gesprächsführendem große Möglichkeiten.
Testen Sie demnächst in einer Gesprächssituation die ungeheure Macht der WSSV-Frage: Was schlagen Sie vor? Sie werden verblüfft sein! Selbst wenn es inhaltlich nicht viel Sinn macht, gibt Ihnen diese Fragestellung, mit einer entsprechenden Pause versehen, die Führung im Gespräch wieder.
Gerade wenn Ihnen eine Gesprächssituation zu entgleiten droht, ist dies wichtig. Kenner wissen: Am schwersten ist es, die Pause auszuhalten. Dazu gibt es eine wirkungsvolle Übung.