Crowdinvesting - Die Investition der Vielen

Crowdinvesting - Die Investition der Vielen

von: Prof. Dr. Ralf Beck

Börsenbuchverlag, 2014

ISBN: 9783864702310

Sprache: Deutsch

256 Seiten, Download: 3950 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Crowdinvesting - Die Investition der Vielen



EINLEITUNG


Viele höchst interessante und Erfolg versprechende unternehmerische Ideen gelangen deshalb nicht zur Umsetzung, weil die Finanzierung nicht steht. Die Gründer selbst und ihr privates Umfeld können oftmals nicht genug finanzielle Mittel aufbringen. Aufgrund ihrer hohen Risikoaversion tragen Banken zur Finanzierung junger innovativer Unternehmen wenig beziehungsweise nichts bei. Manchmal gelingt es den Gründern, Risikokapital von vermögenden Privatpersonen oder über Venture-Capital-Gesellschaften einzuwerben. Auf diesem Wege stoßen die potenziellen Gründer aber zumeist auf vorsichtige Investoren, die äußerst selektiv vorgehen und sich vor allem auf größere Projekte konzentrieren. Gerade kleinere Gründungsvorhaben fallen daher oftmals durch das Raster des Kapitalmarkts. Im Bewusstsein dieser Schwierigkeiten stellt die öffentliche Hand Fördermittel für die Gründung innovativer Unternehmen zur Verfügung, aber auch dies trifft wiederum auf Hürden, die viele Gründer nicht überwinden. Was bleibt, ist eine beträchtliche Finanzierungslücke für Unternehmensgründungen (Start-ups). Ein Crowdinvesting erscheint durchaus geeignet, entsprechende Lücken in der Finanzierung nennenswert zu reduzieren, und kann somit eine wichtige volkswirtschaftliche Rolle übernehmen.

Beim Crowdinvesting handelt es sich um eine neuartige Finanzierungsform, bei der über das Internet Investoren für die Finanzierung von zumeist neuen, innovativen Unternehmen gesucht werden, manchmal aber auch für schon länger am Markt befindliche Unternehmen. Die Investoren können sich bereits mit relativ geringen Geldbeträgen engagieren. Entsprechend viele Geldgeber werden beim Crowdinvesting fast immer benötigt, um den erforderlichen Finanzierungsbetrag zusammenzubekommen. In der Vergangenheit waren die Transaktionskosten für das Einsammeln kleiner Beträge über viele Investoren zu hoch, um ein Crowdfunding oder -investing lohnenswert erscheinen zu lassen. Das Internet hat die Transaktionskosten signifikant reduziert und damit günstige Voraussetzungen für Unternehmensfinanzierungen anhand oft nur kleiner Beträge geschaffen, die von vielen Personen (= die Crowd) beigesteuert werden.1

Das Crowdinvesting ist eine spezielle Form des weiter gefassten Begriffs Crowdfunding. Beim Crowdfunding, auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet, finanzieren viele Geldgeber gemeinsam ein Projekt, wobei dies z. B. eine Musikproduktion sein kann, ein Film, ein aufwendiges Computerspiel oder eine Erfindung. Das bislang größte Crowdfunding-Projekt ist „Star Citizen“. Dabei handelt es sich um ein PC-Spiel, das auf einer extrem aufwendigen Weltraum-Simulation fußt. Über die eigene Webseite des Projektträgers sowie über das Crowdfunding-Portal Kickstarter kamen bislang mehr als 330.000 Geldgeber zusammen, die in Summe über 36 Mio. US-Dollar beisteuerten. Das in Deutschland bekannteste Crowdfunding-Projekt ist der Kinofilm Stromberg, für den mehr als 3.000 Investoren gemeinsam über 1 Mio. Euro aufbrachten. Der Film wird 2013/2014 gedreht und soll 2014 die Kinos kommen.

Bei einem Crowdfunding steuern die Geldgeber für das jeweilige Projekt finanzielle Mittel entweder schenkungsweise bei oder sie erhalten eine wie auch immer geartete Gegenleistung. Sie werden etwa im Abspann des Filmes aufgeführt, den sie gesponsert haben; sie erhalten eine CD des unterstützten Musikprojekts; sie bekommen T-Shirts mit einem Aufdruck des finanzierten Projekts2 oder der Geldgeber erhält eine finanzielle Erfolgsbeteiligung am Projekt beziehungsweise am Projekt-Unternehmen. Wird den zahlreichen Investoren, die im Allgemeinen über das Internet auf das Projekt stoßen, eine Erfolgsbeteiligung an dem Projekt-Unternehmen eingeräumt, dann handelt es sich um ein Crowdinvesting. Der Begriff wird später noch präziser beschrieben.

Ein Crowdinvesting können die Gründer entweder selbst über eine von ihnen eigens dafür eingerichtete Webseite initiieren, oder sie bedienen sich einer Crowdinvesting-Plattform. Es gibt Plattformen, die sich ausschließlich auf das Crowdinvesting konzentrieren, und solche, die das Crowdinvesting als eine von verschiedenen Leistungen anbieten. Letzteres ist z. B. dann der Fall, wenn eine klassische Crowdfunding-Plattform, wie etwa Kickstarter, neben ihrem bisherigen Angebot auch ein Crowdinvesting in ihr Programm aufnimmt.

Das Crowdinvesting ist ohne Umweg für jedermann leicht zugänglich, der über einen Internetzugang verfügt. Teils ist eine Beteiligung an Unternehmen schon mit sehr geringen Beträgen möglich, die vereinzelt sogar schon im einstelligen Euro-Bereich beginnen. In gewisser Weise ähnelt das Crowdinvesting einer Anlage in Aktien, aber tatsächlich eben nur in gewisser Weise. Aktien haben z. B. die Eigenschaft, dass ihre Herausgabe an ein breites Publikum (über die Börse) an deutlich umfangreichere Sorgfalts- und Informationspflichten des Emittenten gebunden ist als bei einem typischen Crowdinvesting. Aktien werden allerdings – völlig anders als beim Crowdinvesting – nur in den seltensten Fällen für junge innovative Unternehmen aufgelegt.

Meines Erachtens weist das Crowdinvesting ein enormes Zukunftspotenzial auf. Diese Einschätzung fußt auf drei positiven Argumenten: Erstens lässt sich die bereits angesprochene nicht unerhebliche Finanzierungslücke für innovative Unternehmer deutlich verringern und wird daher zahlreiche potenzielle Gründer interessieren, die sich um Kapital bewerben. Zweitens treffen die potenziellen Kapitalgeber, also die Anleger, auf eine Vielzahl höchst interessanter Projekte, an denen sie sich beteiligen können, anders als etwa bei Aktien, die im Regelfall zu sehr großen Unternehmen mit eher „langweiligen“ Geschäften angeboten werden. Drittens ist das System sehr einfach und unkompliziert zugänglich, dies teils sogar mit äußerst geringem Geldeinsatz. Es eignet sich deshalb für eine breite Masse von Personen, die nahezu barrierefrei (oft nur mit wenigen Klicks und Eingaben) Zugang zu spannenden Investments finden können.

Dennoch soll nicht verschwiegen werden, dass es einige wesentliche kritische Punkte gibt, die das künftige Schicksal des Crowdinvestings nachhaltig beeinflussen werden. So ist zunächst das Risiko des Scheiterns von Projekten und damit des Verlusts des Kapitaleinsatzes als relativ hoch einzustufen, etwa im Vergleich zu einem Investment in Aktien. Weisen zu viele Projekte eine geringe Qualität auf und gibt es übermäßig viele Nachrichten über gescheiterte Projektverläufe, dann wird der Ruf des Crowdinvestings darunter womöglich stark leiden. Anzumerken ist jedoch, dass sich die Risikolage aus Sicht eines Kapitalgebers relativiert, weil er bei einigen Plattformen mit ganz geringen Beträgen einsteigen kann, deren Totalverlust nicht allzu schmerzhaft ist. Auch das Lottospielen ist sehr beliebt, obgleich die Spieler immer wieder Totalverluste ihres Einsatzes zu verzeichnen haben. Jedoch nicht nur gescheiterte Projekte allein könnten problematisch sein, sondern auch Crowdinvesting-Plattformen, die Seriosität vermissen lassen.

Und weiter: An die Bereitstellung von Kapital durch den Investor lassen sich die verschiedensten Rechte und Pflichten knüpfen. Das sehr hohe Maß an Disponierbarkeit birgt ein gewisses Risiko, nämlich dass der (unerfahrene) Investor im Dschungel der vertraglichen Vereinbarungen untergeht und möglicherweise trotz eines sich blendend entwickelnden Start-up-Unternehmens nur vergleichsweise mäßig profitiert. Die bisherigen Crowdinvesting-Plattformen sind hinsichtlich ihrer für die Investments angebotenen Konditionen in durchaus unterschiedlichem Maße als sachkundig und fair anzusehen.

Ein weiterer Punkt: Die Finanzierung über ein Crowdinvesting lässt sich in Deutschland zum Teil nur bis zu einem vom Publikum gemeinsam aufgebrachten Maximalbetrag in Höhe von 100.000 Euro je Projekt ohne Probleme organisieren. Für darüber hinausgehende Beträge hält das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) Regulierungen bereit, die ein höheres Finanzierungsvolumen in vielen Fällen impraktikabel werden lassen, weil eine Prospektpflicht für das Start-up-Unternehmen erwächst, deren Erfüllung teuer ist. Es gibt jedoch eine wesentliche Ausnahme! Das partiarische Nachrangdarlehen fällt durch das Raster der Kapitalmarktaufsicht, da es weder den Hürden des Kreditrechts noch den Einschränkungen des VermAnlG unterliegt. Das partiarische Nachrangdarlehen befindet sich im Niemandsland, was für das Crowdinvesting ein echter Glücksfall ist. Nur durch eine Gesetzeslücke wird also hierzulande ein Ausbremsen volkswirtschaftlich wichtiger Entwicklungen vermieden, die ein ausgedehntes Crowdinvesting zu erzeugen in der Lage ist. Die 100.000-Euro-Grenze resultiert vermutlich aus dem bisherigen Streben des Gesetzgebers, (einseitig) die vermeintlichen Interessen der Anleger vertreten zu wollen. Nur: Der Anleger möchte so sicherlich nicht vertreten und bevormundet werden, sondern lieber ungestört und eigenverantwortlich sein Geld anlegen und vermehren. Der Gesetzgeber hatte...

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